Ob das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verfassungswidrig ist, prüft jetzt das Bundesverfassungsgericht. Unabhängig davon ist eine Sache jetzt schon klar: Wenn Mitte 2017 die Vorratsdatenspeicherung so umgesetzt wird, wie es derzeit aussieht, wird es für Freifunk in Deutschland sehr, sehr schwierig. Das liegt am Gesetz und am Anforderungskatalog der Bundesnetzagentur (BNetzA) dazu.
Freifunker wie der Freifunk Rheinland e.V. handeln wie Provider. Wir betreiben Netze. Und der BNetzA und dem Gesetzgeber ist völlig egal, ob ein Provider das ganz ohne Gebühren für Bildung und Gemeinwohl tut, ob ein kleiner Provider vor Ort die Gemeinde versorgt oder ob einer der Providerriesen ein Milliardengeschäft lauf hat. Alle Provider in Deutschland müssen den 27-seitigen Katalog der BNetzA zur Vorratsdatenspeicherung erfüllen. Da gibt es zwei Riesenprobleme:
1. Wir müssten sämtliche Technik für die Speicherung in Vorleistung kaufen und hoffen, dass wir vielleicht als kleiner Provider unter eine Härtefallklausel fallen. Es ist völlig unklar, für wen und wann die gilt. Vielleicht bleiben wir auf den Kosten sitzen, vielleicht warten wir Jahre lang, vielleicht haben wir das Geld für die Überwachungsinfrastruktur in der von der BNetzA verlangten Qualität gar nicht. Das scheint dem Gesetzgeber und der BNetzA egal zu sein. Für kleine und gemeinwohlorientierte Provider geht es hier um die Existenz und an die hat beim Gesetzgeber und Regulierer offenbar bisher niemand gedacht.
2. Fast alle Admin-Aufgaben, die auf irgendeine Art mit dem Speicher für die Vorratsdaten zu tun haben, müssen von zwei Menschen ausgeführt werden. Das Vier-Augen-Prinzip ist für einen Verein, der keine Angestellten hat, sondern allein von gespendeter Freizeit lebt, eine besondere Erschwernis. Wir würden für Routineaufgabe doppelt so viel Engagement von Freiwilligen brauchen. Hinzu kommt der ganze zusätzliche Aufwand für das vorgeschriebene Protokollieren, Erneuern der Schlüssel und so weiter – nichts davon würde uns erstattet.
Wir wehren uns juristisch gegen diese Auflagen. Denn es ist absurd, dass die BNetzA es als selbstverständlich voraussetzt, dass wir Daten speichern würden, die wir gar nicht brauchen. Unsere Meinung ist: Wir lassen uns nichts von Kunden bezahlen, wir müssen nichts abrechnen, also speichern wir auch nichts.
Das kann uns Freifunker vielleicht retten. Doch für die vielen kleinen kommerziellen Provider in Deutschland gibt es diesen Ausweg nicht. Es ist erschütternd, wie hier nebenbei die Existenz kleiner und mittelständischer Firmen und das gemeinwohlorientierte Engagement von Vereinen beiseite gewischt werden sollen. Für die kleinen Unternehmen bilanziert der Branchenverband Eco in einer Analyse:
„Für viele Mittelständler wird dies die Insolvenz bedeuten.“
Für unser ehrenamtliches Engagement für Bildung, Vielfalt und eine am Menschen orientierte Infrastruktur bilanzieren wir: Wir wehren uns, ein paar Chancen gibt es noch für Freifunk. Bitter ist, dass wir all die Kraft und Zeit nicht in unsere Projekte in Schulen, Flüchtlingsunterkünften und der Nachbarschaft stecken können. Wegen der Vorratsdatenspeicherung gibt es heute schon weniger Freifunk für alle.
Wir hoffen, dass es Mitte 2017 nicht noch schlimmer kommt. Dafür kämpfen wir.